Mut zur Wut
In unserer Gesellschaft wird Wut meist als etwas Negatives gewertet. Sich wütend zu zeigen und emotional unkontrolliert heftig zu reagieren wird häufig mit einer Unfähigkeit oder einer Überforderung in Zusammenhang gebracht. Ein wütender Mensch reagiere irrational und kopflos. Oft sind wir peinlich berührt oder beschämt, wenn jemand in der Öffentlichkeit seine Wut zum Ausdruck bringt.
Tatsache ist, dass die Emotion «Wut» uns zu fähigen Menschen macht. indem wir unserem Instinkt im Bauch vertrauen. Wut ist die Energie, die wir als kleine Kinder von Mutter Natur erhalten haben, um für uns selbst einzustehen und zu sagen: «Ich bin wichtig».
Der Unterschied zwischen der gesunden Energie der Wut und der verletzenden Energie emotionaler und körperlicher Gewalt besteht darin, dass Wut Grenzen respektiert. Für sich selbst einzustehen, bedeutet nicht, die Grenzen anderer zu überschreiten.
Dank der Wut gelingt es, aus der eigenen Opferrolle herauszufinden und sich Raum zu schaffen für Individualität.
Wut hilft uns, unsere Bedürfnisse anzumelden, wenn jemand unseren seelischen Garten mit dreckigen Schuhen betritt.
Jeder Mensch in einer Gesellschaft will nicht auf Authentizität verzichten. Genauso wenig auf zwischenmenschlicher Verbindung und Nähe.
Wenn wir als Kleinkind gelernt haben, dass wir nicht geliebt werden, wenn wir wütend sind und unsere Eltern uns dafür strafen, dann haben wir uns von der Emotion Wut abgespalten. Oder wir kriegten ein schlechtes Gewissen, wenn wir wütend waren.
Als Kleinkind sind wir von der Liebe unserer Eltern oder Betreuungspersonen abhängig. Ist die nicht mehr gewährleistet, bringt dies enormen Stress ins Innere. Und da wir noch nicht gelernt haben, uns davon abzugrenzen, sind wir einer solchen Situation schutzlos ausgeliefert.
In dem Moment, indem wir uns entscheiden, wohl bemerkt aus seelischer und körperlicher Notwendigkeit, die Emotion Wut nicht mehr zuzulassen oder uns dafür schuldig zu fühlen, beginnt im Innern der Krieg. Entweder wir verlieren gänzlich den Zugang zur Wut und verlernen dabei, uns zu wehren. Oder wir werden von der Emotion überwältigt, lassen sie unkontrolliert an unseren Mitmenschen aus, welche dann darunter leiden müssen.
Wut zu fühlen macht Angst. Weil sie abgrenzt oder oft als Mangel an Liebe gewertet wird. Wir wollen uns möglichst schnell davon entledigen und können sie kaum aushalten. Je nach Naturell reagieren wir dann destruktiv gegen innen oder gegen aussen. Wenn wir nach gelebter Wut uns mit Scham und Schuld gegen uns selbst richten, dann entsteht in uns drinnen ein Konflikt. Dies kann so weit gehen, dass sich daraus Autoimmunerkrankungen entwickeln können. Dann hausiert die Emotion in unserem System und wird als Schreckensgespenst durch unser Mark gejagt. Wir verlieren unser Rückgrat, indem wir uns selbst beginnen abzuwerten. Wir fühlen uns schlecht, weil wir negative Gefühle ausdrücken.
Wenn wir die Wut intellektuell leben, dann werden wir zum Zyniker, der seine Wut und der daraus konditionierte Hass durch indirekte Bemerkungen ausdrückt.
Wenn der Zugang zur Wut komplett versperrt wird, dann flüchten wir in Liebedienerei, indem wir zu allem Ja sagen. Oder wir lügen aus Angst davor, ehrlich zu sein zu und dabei den anderen zu verletzen. Als Folge verletzen wir uns selbst. Wir sperren die heftigen bedrohlichen Emotionen weg.
Es gibt viele falsch verstandene Meinungen über Wut, Abgrenzung, Jähzorn, Aggression und Zorn. Je nachdem wie wir aufgezogen wurden und inwiefern Liebe gelebt wurde. Wenn wir davon ausgehen, dass es Situationen gibt, denen wir durchaus auch mal mit heftigen Emotionen begegnen dürfen, ohne gleich destruktiv zu sein, finden wir zu mehr Grösse. Wir lassen zu, dass jede Emotion ihre Daseinsberechtigung hat und entwickeln ein gesundes Bauchgefühl, was automatisch auch zu weniger inneren Stress führt.
In der Therapiemethode «positive Selbstentwicklung» geht es darum, den Stress, der ja eine innere Antwort auf eine äussere Gegebenheit ist, zu verstehen und die dahinter liegende Emotion zu erfassen. Dabei spielen nebst der homöopathischen Mischung, die der Körper zur Unterstützung wünscht, folgende Fragen eine wichtige Rolle:
Was genau verursacht meinen Stress?
Was machen Stressoren mit mir?
Wie kann ich aktiv gegen destruktiven Stress reagieren?
Was brauche ich, um destruktiven Stress zu vermeiden?
Wie sehen meine Bedürfnisse aus?
Kann ich meinen Bedürfnissen Raum geben?
Inwiefern plane ich Entspannung/Pausen im Alltag ein?
Kann ich NEIN sagen?
Ohne dabei Schuldgefühl zu haben oder Befürchtungen, andere dadurch zu verletzen?
Bin ich immer für andere da und kann mich selbst schlecht gegen ihre Gefühle abgrenzen?
Bin ich zuständig für das Wohlbefinden der anderen?
Fühlte ich mich als Kind verantwortlich für die Gefühle meiner Eltern? War ihr Wohlbefinden wichtiger als meines?
Kann ich mich auch mal an erster Stelle setzen?
Sucht mich mein Kind mit seiner Wut?
Was passiert, wenn ich wütend bin?
Kann ich einfach mit der Wut sein, ohne sie möglichst schnell wieder loswerden zu müssen?
Dr. Gabor Maté erklärt in seinem Buch «Wenn der Körper Nein sagt», dass sich die Muskeln im Körper entspannen, wenn Wut richtig erfahren wird. Dabei ist die Wut angesprochen und nicht der ausagierte Zorn.
In diesem Zustand der gesunden Wut spüren wir, wie ein klares Abgrenzen gelingt. Wie die Wut uns dynamisch macht und dafür sorgt, dass wir Selbstfürsorge betreiben und Verantwortung für unser Wohlbefinden übernehmen.
Wir werden die Mutter, die unser inneres, kleines Kind schützt und versorgt. Und im Vertrauen, dass die Wut nicht destruktiv ist, wenn sie sich weder nach aussen noch nach innen in Zorn verwandelt, sondern einfach abgrenzt, kann auch die Angst nachlassen.
Und wir werden dabei gelassen. Müssen weder uns für unsere Unfähigkeit (für uns einzustehen) noch unsere vermeintlichen Feinde hassen.
Was gibt es für Techniken, mit Wut konstruktiv umzugehen?
Zuerst ist es wichtig zu beobachten, wie ich reagiere, wenn ich wütend werde. Kann ich Ja sagen zur Wut oder versuche ich sie zu unterdrücken?
Was passiert körperlich, wenn ich wütend werde?
Gibt es Situationen, die sich immer wiederholen, weil ich nicht aktiv werde? Wo spüre ich die Wut im Körper?
Wie kann ich die Bremse rechtzeitig anziehen, bevor ich explodiere?
Was passiert, wenn ich NEIN sage?
Realisiere ich, dass hinter jedem Nein auch ein JA zu mir selbst steht?
Wie gehe ich mit der Wut anderer Menschen um?
Kann ich Wut bei meinem Kind besser bejahen, wenn ich selbst konstruktiv mit ihr umgehe?
Naturheilkundliche Unterstützung
- Bachblüten können helfen, die eigenen Gefühlen zuzulassen, ohne sich z.B. hinterher schuldig zu fühlen. Oder Angst zu haben, von Wut überwältigt zu werden.
- Bitterstoffe regen die Leber- und Gallensaftproduktion an und können unterstützend wirken bei allerlei Verdauungsproblemen. Der Spruch «mir ist was über die Leber gekrochen» kommt nicht von irgendwoher, sondern hat seine tiefere Bedeutung in der Psychosomatik.
- Gespräche in einem geschützten Rahmen über die eigenen Bedürfnisse und Gefühlen können helfen, die innere emotionale Verfassung zu klären.
Alessia spricht hier ein äusserst wichtiges Thema an. Wir möchten nicht wütend sein, weder auf uns selber und auch nicht auf andere Menschen. Dennoch passiert, dass Dinge in eine Richtung laufen die nicht unserer Wertvorstellung von Liebe entsprechen. Dann fühle ich in mir eine Kraft, die das ändern möchte. Wenn ich etwas unangenehmes anzusprechen habe, hilft es mir daran zu denken, dem anderen zu vertrauen, dass er es aushaltet. Und wenn ich den Mut aufbringe zu sagen wie etwas für mich ist, geschieht oft fast wie ein Wunder, dass ich mit grossen Augen froh und dankbar anschaut werde. Und wenn dem nicht so ist, dann stehe ich dazu, dass es mir wichtig ist, dass die andere Person von mir weiss, was mir wichtig ist. Ich lasse dann einfach Raum, dass diese das für sich verarbeiten kann. Eine Nacht darüber geschlafen macht sehr oft, dass mit dem Aufwachen eine Lösung und einen gangbaren Weg zeigt. Das macht zuversichtlich, darum Mut zur Wut, die die Kraft ist zu verändern, dass wir in Liebe unseren Lebensweg gehen können. Herzlich danke liebe Alessia!
LikeLike